
Schach und Corona im LSV (7)
Schutz der Spieler und vor allem von deren Familien vor der fortschreitenden Verbreitung des Coronavirus - Kommentar zu Bernd Davids Beitrag, s. u.
geschrieben von Oliver MirschinkaLiebe Schachfreunde,
ich wende mich als Präsident des SK Dessau 93 e. V. an Sie/Euch. Wir leben in einer unsicheren Zeit. Wir haben wieder erhebliche Einschränkungen des öffentlichen und des privaten Lebens. Diese gelten bis mindestens Ende November. Das kommt angesichts der globalen Entwicklung nicht überraschend. Deshalb haben auch alle überregionalen Ligen eine Entscheidung getroffen, die Saison 2019/2020 zu verlängern. Allein wir in Sachsen-Anhalt haben die Saison zu Ende gespielt und wollen eine neue Saison 2020/2021 mit straffem Zeitplan am 13.12.2020 beginnen. Das erscheint angesichts der aktuellen Entwicklung nicht sinnvoll zu sein. Die angedachte Verlängerung (Entscheidung, ob Spieltage „hinten dran gehängt“ werden) erscheint auch nicht sinnvoll. Bitte denkt daran. Es gibt auch Schachspieler mit Familien, Kindern und Enkelkindern. Wir rutschen in die Ferien. Es gibt Urlaubsplanungen …
Der SK Dessau 93 e. V. beantragt, die Saison 2020/21 nicht wie vorgesehen am 13.12.2020 zu beginnen und wie geplant durchzuführen. Eine derartige Saison würde
• zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen führen, da die (gemeldeten) Spieler aus objektiven und subjektiven Gründen im Zusammenhang mit Corona teilweise nicht an allen Spieltagen zur Verfügung stehen (eigene Zurückhaltung, ggf. Quarantäne, Spielorte in Risikogebieten, eigene Risiken, Urlaubsplanungen, Nachwuchstermine…),
• zu Problemen bei Gastgebermannschaften führen, wenn das eigene Spiellokal nicht oder nicht in der vorgesehenen Belegung genutzt werden kann (Entscheidungen der Gesundheitsämter …),
• die potentiellen Mannschaftsspieler unter Druck setzen, der aber zu irrationalen Entscheidungen führen kann.
Eine neue Beschränkung der Kontakte im Herbst (Haben wir schon aktuell mit einem dringenden Appell der Politik, Kontakte zu vermeiden) oder Winter aufgrund der Entwicklung der Infektionszahlen durch die Landesregierung könnte Mannschaftswettkämpfe regulär unmöglich machen. Der Ausweis von neuen Risikogebieten könnte es Beschäftigten unmöglich machen, an Wettkämpfen in solchen Gebieten teilzunehmen, weil sie im Falle einer Infektion oder einer verordneten Quarantäne u. U. selbst für den Arbeitsausfall aufkommen müssten.
Die zuständigen Behörden warnen schon jetzt vor größeren Veranstaltungen. Wie sich das Virus weiter ausbreiten wird, ist nicht seriös vorherzusagen. Mit organisierten Spielterminen (mit Strafen bei Nichtantritt oder Nichtbesetzung von Brettern) schaffen der Landesschachverband/der Schachbezirk zusätzliche Risiken, die über das erforderliche hinausgehen. Zu beachten ist, dass viele der Schachspieler im Land zu der besonderen Risikogruppe (Ü60 und männlich) gehören. Das betrifft unsere Mannschaften ganz besonders.
Die Sorge um die Gesundheit unserer Mitglieder und Spieler veranlasst uns als Verantwortliche eines Schachvereins dazu, für eine Risikominimierung einzutreten.
Andererseits sind wir als Vereine faktisch gezwungen, in den Ligen, die wir regulär besetzen könnten, tatsächlich Mannschaften zu melden. Würden wir dies nicht tun, würden wir später Nachteile erleiden, weil praktisch alle „neuen“ Mannschaften ganz unten beginnen müssten. Dabei wissen wir, dass es Spieler geben wird, die unter diesen Bedingungen nicht zu einem Wettkampf antreten werden. Wenn sich jedoch etwas ändern würde, wären sie wieder dabei.
Viel wichtiger als Erwachsenentermine erscheinen uns die Nachwuchstermine. Wenn wir den Nachwuchs nicht beim Schach halten können, wird unser Sport geschwächt. Die Turniere in den „U“-Bereichen sind daher aus unserer Sicht prioritär. Allerdings ist es zurzeit so, dass der Nachwuchs versucht, krampfhaft Spieltermine zu finden, wenn die Männerligen nicht spielen.
Setzt also bitte als Verantwortliche für den Spielbetrieb im Land und im Bezirk die regulären Punktspiele aus. Lasst die Spieler eigenverantwortlich entscheiden, ob sie an dezentral organisierten Turnieren freiwillig teilnehmen wollen (ob als Einzel- oder kleines Mannschaftsturnier organisiert mit maximal 4 Spielern pro Mannschaft).Lasst uns den Nachwuchs gezielt fördern und die wenigen Spieltermine für die unterschiedlichen „U“-Altersklassen freihalten. Da dient der Zukunftsfähigkeit unseres schönen Schachsports.
Wir sollten eine breite Diskussion der Vereine zulassen, nicht nur Entscheidungen des Spielleiterausschusses!
Für Rückfragen stehe ich gern zur Verfügung.
Mit Schachgruß
Oliver Mirschinka
Präsident
Verantwortung haben, Verantwortung wahrnehmen!
geschrieben von Bernd DavidLiebe Schachfreunde,
ich freue mich über den Optimismus und Tatendrang, der im Beschluß des LSV zur Fortsetzung des Spielbetriebs zum Ausdruck kommt ! Eine möglichst schnelle Normalisierung unseres Schachlebens ist das erkennbare Ziel - und dies ist in meinem Sinne.
Die Bedenken von Ralph teile ich nicht und auch nicht seinen Vorschlag, den Rahmen der bald zu erwartenden Lockerungen beim Schach nicht (oder erst viel später) auszuschöpfen. Dennoch könnten einige Schachfreunde ähnliche Bedenken haben; und neben der realen Virus-Gefahr bestimmt auch die subjektive Angst vor dem Virus ihre Bereitschaft, ans Brett zurück zu kehren. Diese Angst ist nach dem medialen Wettbewerb apokalyptischer Vorhersagen in den vergangenen Wochen ("Das Schlimmste steht uns noch bevor . . . " etc. ) ebenso verständlich wie legitim. Und wird damit zum objektiver Faktor für jeden Vereinsvorsitzenden und Mannschaftsleiter. Ralphs Vorschlag zeitlich befristeter Sonderregeln zur Entspannung des Spielbetriebs scheint mir deshalb sehr überdenkenswert. Nicht aber die Verschiebung auf den Sankt-Nimmerleinstag.
(Die potentielle Gefahr, die der Corona-Virus darstellt wird nie völlig verschwinden. Ebenso wie viele viele andere Viren, die Krankheiten auslösen können. Einen Vollkasko-Schutz gibt es nicht, nur Risikoabwägung. Mit einer Zwangsimpfung von ganzen Ländern oder Planeten, lieber Münzi, würde ich selbst dann nicht "rechnen", wenn es einen Impfstoff gäbe und es ökonomisch machbar wäre. Realistischer scheint mir die Hoffnung auf ein wirksames Medikament . . . )
Ein anderer Aspekt ist die in regelmässigen Abständen und unterschiedlichen Zusammenhängen auftauchende Frage, ob Schach denn wirklich ein gleichberechtigter Sport sei. Während jetzt sämtliche Sportarten, die Tief-Atmer und die emsigen Körper-Kontaktierer, dringend nach Möglichkeiten suchen, ihren Sport wieder auszuüben - könnten die Schachspieler ja stattdessen feine Internet-Ligen gründen ?? Hätten wir dann für die Zukunft die Frage, ob man uns nicht doch besser zum "E-Sport" oder zu den Brettspielen abschieben sollte, nicht schon selbst beantwortet ?!
Mein Eindruck ist, dass die Mehrzahl (z.B. in meinem Verein) wieder spielen möchte und würde, aber nicht alle. Unsere Schüler habe ich zwar bei "Lichess" versammelt, aber auch hier wird deutlich, dass das Spielen im Internet nicht ansatzweise als Äquivalent zu Turnierschach und Vereinstraining betrachtet wird.
Vielleicht hätte der LSV seine Vorschläge etwas pragmatischer nach "Machbarkeit" statt nach "Wichtigkeit" ausrichten sollen ? Zweifellos sind die Ligen ein grundlegendes Element unseres Schachlebens, aber auch in mehrerer Hinsicht ein sehr verpflichtendes Format. Wenn es um den reinen Schachsport geht, um den Wieder-Einstieg nach Corona, wären kleinere dezentrale Einzelturniere im Open-Format sicher besser geeignet (z.B. die zum "Entfallen" verdammten BEM). Freiwillige Teilnahme an einer Schachveranstaltung käme dann auch den "Vorsichtigen" entgegen.
Und vielleicht kommt dieser Blog ordentlich spät. Aber die Richtung stimmt diesmal im LSV.
ich danke dem LSV hier eine offene Diskussion zu ermöglichen und auch Manfred, Ralph und David für erste Stellungnahmen.
Wenn ich die bisherigen Positionen so lese, stelle ich fest, dass man sich große Sorgen über die Fortsetzung der Saison bzw. die Durchführung zukünftiger Saisons, bis hin zur langfristigen Aussetzung, macht. Auch ich teile die Befürchtung, dass die aktuell niedrigen Infektionszahlen in Sachsen-Anhalt voraussichtlich nicht auf Dauer bleiben werde. Dennoch denke ich, müssen wir uns ernste Gedanken über eine verantwortungsvolle Fortsetzung des Spielbetriebs machen. Ein langfristiger Stop des Wettkampfbetriebs macht mir nämlich ebenfalls ernsthafte Sorgen. Gerade für unsere jungen Talente im Land stellt der Wettstreit einen wesentlichen Reiz am Sport dar und man könnte vermuten, dass der eine oder andere ohne dies das Interesse an unserem Sport verliert (wogegen der LSV und andere Institutionen glücklicherweise ja bereits Onlineturniere organisiert). Bei unserer ohnehin eher seniorlastigen Altersstruktur wäre das ein herber Rückschlag.
Gleichzeitig müssen wir natürlich auch die Bedürfnisse der Risikogruppen und unsere soziale Verantwortung zur Minimierung der Verbreitung des Virus im Blick behalten. Als Diskussionsgrundlage möchte ich hier einmal 3 Szenarien ohne persönliche Wertung einbringen und um Diskussion bitten.
1. Wir akzeptieren das Sars-Cov-2-Virus als gegeben und minimieren beim Punktspiel das Risiko der Ansteckung. Hierfür käme eigentlich nur eine Verlegung der Saison in die warme Jahreshälfte infrage. Dann könnte man, vielleicht auch unter Zuhilfenahme von Mundnasenschutz, draußen spielen - Regenschutz in Form von Pavillions o.ä. und etwas Abstand der Bretter wären natürlich Pflicht.
2. Wir spielen die Saison 2020/21 online. Um Betrug vorzubeugen könnte jede Mannschaft aus ihrem Vereinsheim/Stammspiellokal spielen und ein Repräsentant des Verbandes (oder des gegnerischen Vereins) würde quasi die Einhaltung der Regeln überwachen. Damit müssten nicht 16 Spieler in einem viel zu kleinem Raum an den Brettern sitzen, sondern nur noch 8 Personen + 1 Beobachter (in Ligen mit weniger Spielern pro Team entsprechend weniger). Außerdem müsste auch kein Spieler dem Gegner am Brett in weniger als einem Meter Abstand gegenüber sitzen. Gerüchte besagen, dass diese Form des Spielbetriebs über Jahre in den USA erfolgreich erprobt wurde - auf die schnelle fand ich jetzt allerdings keine belastbare Quelle dazu.
3. Sollte die obige Variante nicht umsetzbar oder das Betrugspotenzial zu hoch sein, könnte man die Bedenkzeit reduzieren und möglicherweise digital von zuhause spielen. Vermutlich müsste man das aber als Alternativturnier deklarieren, denn eine solche Lösung würde maßgeblich von der Akzeptanz der Spieler und vermutlich auch der höheren Verbände abhängen. Da kenne ich mich aber nicht aus.
Mir ist klar, dass diese Vorschläge, vor allem 2. & 3., eine enorme Abkehr von unserem gewohnten Turnierbetrieb darstellen und nicht jeder sie begrüßen wird. Dennoch, ich empfinde diese Lösungen persönlich angenehmer als den Ligabetrieb über längere Zeit komplett auszusetzen oder immer das große Fragezeichen der behördlichen Genehmigung neben jedem Punktspieltermin im Kalender sehen zu müssen.
Ich freue mich auf eine möglichst breite Diskussion und konstruktive Kritik. Zusammen sollten wir doch gangbare Wege finden. Ich appelliere aber auch dafür mutig zu sein. Denn zur Wahrheit gehört auch zu sagen, dass die Entwicklung und Zulassung eines Impfstoffs noch in weiter Ferne liegt. Aber selbst wenn diese Hürde im nächsten Jahr geschafft sein sollte, folgt daran die Produktion desselben und das kann bis zur Durchimpfung Jahre dauern (für Interessierte gibt es eine Erklärung der Vermutung unten).
Mit besten Grüßen
Stephan Münzberg
Hallo Schachfreunde
Auch ich begrüße die nun endlich in Gang gesetzte Diskussion, wenn auch nur über einen bereits gefassten Beschluss.
Inhaltlich kann ich mich eigentlich voll und ganz den Ausführungen der Schachfreunde Bernd David und Ralph Schlosser anschließen.
Ich sehe auch, dass eine Fortführung der Saison, zumindest in diesem Jahr, sehr risikobehaftet zu sein scheint.
Die Ausdehnung der Saison bis März/April 2021 hatte ich bisher als ein mögliches Szenario gesehen. Jedoch auch diese Fortführungsvariante hat mehrere Unbekannte. Würden denn März 2021 noch alle Spieler in den jetzt so aufgestellten Mannschaften noch zur Verfügung stehen? Es ist eine recht lange Zeit und möglicherweise hat sich schon der ein oder andere mit Wechselgedanken beschäftigt, sei es aus beruflichen oder/und privaten Gründen. Manche ältere Spieler könnten gerade jetzt das Beenden der aktiven Laufbahn ins Kalkül ziehen. Also glaube ich nicht, dass im März 2021 die Mannschaften so antreten würden, wie sie die Saison normalerweise beendet hätten. Somit würde auch in diesem Fall höchstwahrscheinlich eine Wettbewerbsverzerrung eintreten. Der augenblickliche Vorteil scheint zu sein, dass man genau diese Variante im überregionalen Geschehen mit im Auge hat.
Verschlimmern würde sich die Sachlage jedoch, wenn in 2021 immer noch nicht, bzw. schon wieder nicht gespielt werden könnte. Denn solange kein wirksamer Impfstoff allen zur Verfügung steht unterliegen wir eben der Gefahr einer zweiten vielleicht sogar einer dritten Epidemiewelle. Sollten diese möglichen Folgewellen vielleicht überschaubar bleiben, werden trotzdem und zu Recht Spieler und Eltern der Nachwuchsspieler das persönliche Risiko abzuwägen haben. Ein Zuruf oder Aufruf: „Habt euch mal nicht so!“ wäre absolut nicht angebracht.
Die Saison 2019/2020 nun so fortzuführen, wie vom Erweiterten Spielleiterausschuss beschlossen, bereitet mir also außerordentliche Kopfschmerzen. Dazu ist alles von Ralph Schlosser gesagt worden.
Natürlich sind sämtliche Gedanken auch auf das überregionale Geschehen zu übertragen, was die Sache vielleicht nicht einfacher macht.
Ich denke, der Abbruch der Saison wäre die einzig vernünftige Lösung. Der Auf- und Abstieg sollte in Abhängigkeit der überregionalen Entscheidungen getroffen werden. Nur das macht in meinen Augen Sinn.
Dem Vorschlag von Ralph Schlosser, jetzt sich Gedanken zu machen, wie geht es in der Zukunft weiter, was könnten wir im Landesverband (Spielbetrieb) ändern, unterstütze ich ausdrücklich.
Schön fände ich es auch, wenn das Nachwuchsgeschehen in die Diskussion mit einbezogen werden könnte. Denn hier sind die Probleme meines Erachtens durch die Altersklasseneinteilung doch differenzierter zu betrachten.
Manfred Riechert
Hallo Schachfreunde,
erst einmal herzlichen Dank an alle, die sich Gedanken darüber machen, wie es für uns Schachspieler weitergehen kann. Ich finde es auch sehr gut, dass wir nunmehr klare Kriterien haben, unter welchen Bedingungen ein Abbruch der aktuellen Saison erfolgt. Im Grunde freut mich auch, dass im erweiterten Spielleiterausschuss ausschließlich Optimisten am Werk zu sein scheinen. Optimismus ist in Zeiten, wo die Zukunft nur schwer zu prognostizieren ist, immer hilfreich, um Perspektiven zu geben. Man könnte einwenden, dass es letztlich nur für die optimistische Annahme einer Planung bedarf, denn wenn wir nicht spielen dürfen, muss auch nichts geplant werden. Doch zwischen diesen beiden Extremen gibt es noch ein aus meiner Sicht nicht ganz unwahrscheinliches Szenario: Stell dir vor, wir dürfen wieder spielen und es ist trotzdem nicht klug! Ich erlebe dies momentan schon in folgendem Sinne: Ich darf zwar wieder einen Freund treffen. Ich fände es aber sehr unklug, jeden Tag einen anderen Freund zu treffen. Die Meinungen hierzu werden weit auseinander gehen. Was die einen für völlig übertrieben halten geht den anderen noch nicht weit genug. Meine Haltung liegt irgendwo dazwischen: man sollte auch an Erlaubtes mit Vernunft und Augenmaß herangehen. Unsere Grundrechte werden nicht dauerhaft eingeschränkt bleiben können. Irgendwann werden wir wieder Spiel- und Trainingsbetrieb aufnehmen dürfen. Ich denke jedoch, wir sollten uns zuvor mit der Frage auseinander setzen, ob es wirklich klug ist, dies dann unmittelbar zu tun.
Auch auf die Gefahr hin, dass ich mir jetzt einen Ruf als Schwarzmaler und Bedenkenträger einhandle, möchte ich nachfolgend den Optimisten etwas entgegenhalten. Ich glaube, wir müssen uns der Tatsache stellen, dass Schach aus virologischer Sicht schon immer eine Risikosportart darstellte und ein Normalbetrieb in Zeiten einer Pandemie daher ausgeschlossen sein sollte. Ausgehend von einer 8er-Mannschaft, sind bei einem Punktspiel mindestens 16 Personen in einem Raum ohne permanenten Luftzug, meist sogar ohne Belüftung, für ca. 4 bis 6 Stunden anwesend. Dass unter diesen Bedingungen selbst Stoffmasken völlig nutzlos wären, dürfte einleuchtend sein. Wie viele unserer Vereinsheime hätten ausreichend Platz, um 8 Bretter im Mindestabstand von anderthalb Metern aufzustellen? Der genannte Mindestabstand dürfte zwischen den sich am Brett gegenüber sitzenden Spielern ebenfalls nur schwer einzuhalten sein. Hängen wir dann eine Plexiglasscheibe über den Brettern auf? Selbst wenn man diese Möglichkeiten hätte, wie wirksam wäre das bei einem Zeitrahmen von vielen Stunden? Wären wir bereit mit Handschuhen zu spielen (denn wir fassen nun mal die gleichen Figuren an)? Aber selbst die Wirkung von Handschuhen wäre bei diesen langen Zeiträumen nicht gegeben. Die für uns Schachspieler üblichen Bedingungen sind ein Paradies für Viren jeglicher Art und ich gebe zu, dass mir die Fantasie fehlt, diese Bedingungen so zu ändern, dass es Viren schwer haben. Schaue ich mir den Altersdurchschnitt in unseren Vereinen an, kommt noch hinzu, dass ein erheblicher Teil von uns zur Risikogruppe gehört. Es gäbe noch nachrangige Probleme wie die Fahrten zum Auswärtsspiel oder Vereine, bei denen mehrere Mannschaften zeitgleich Heimspiel haben. Dafür ließen sich wahrscheinlich Lösungen finden. Für die anderen von mir in den Raum gestellten Probleme erkenne ich keine. Daher sehe ich eine Fortsetzung der Saison nicht als realistisch an und ich sehe noch nicht einmal eine Saison 2020/2021. Meine Befürchtung ist tatsächlich, unsere nächste reguläre Saison lautet 2021/2022.
Die Lockerungen ermöglichen uns wieder, mehr Risiken einzugehen. Für viele ist das schon aus rein ökonomischen Gründen ein Erfordernis. Doch sind wir wirklich alle dazu bereit, neben den erforderlichen Risiken auch nicht erforderliche Risiken einzugehen? Die von der Politik getroffenen Entscheidungen verfolgen mittlerweile das Ziel, die Infektionszahlen klein und Infektionsketten nachvollziehbar zu halten. Es geht nicht mehr primär um das Vermeiden von Infektionen. Damit steht der Gesundheitsschutz nicht mehr um jeden Preis an erster Stelle. Mithin ist auch nicht alles, was erlaubt ist, wirklich unbedenklich. Die Eigenverantwortung steht dann wieder im Mittelpunkt und jeder einzelne sollte dieser Verantwortung gerecht werden.
Falls man sich über alle Bedenken hinwegsetzt und die Saison weiter bestreitet, sollte man sich über folgende Punkte Gedanken machen:
- Aussetzen der Strafen für freigelassene Bretter (man kann niemand zwingen, unter diesen Umständen zu spielen)
- Was passiert, wenn eine Mannschaft quarantänebedingt nicht antreten kann (gerade, wenn der Zeitplan sehr eng ist)?
Ich stelle mir immer wieder die Frage, welchen sportlichen Wert ein Saisonabschluss noch hätte. Die Bedingungen für die verbleibenden Spiele werden völlig andere sein, als sie es ohne Corona gewesen wären. Wozu also die Saison fortsetzen und lohnt es sich dafür, die Risiken in Kauf zu nehmen?
Sollte sich hingegen meine Befürchtung bewahrheiten und wir noch nicht so bald wieder am Punktspielbrett sitzen, so lasst uns die Zeit nutzen um in einen breiten Diskurs darüber einzutreten, welche Punkte in unserem Landesverband zu verbessern wären. Mir fielen ein bis zwei bzgl. unserer Ligen ein und noch viel mehr, bzgl. des Einzelspielbetriebs. Lasst uns gute Ideen sammeln und auch möglichst umsetzen!
Hatte ich anfänglich noch gehofft, mich möglichst schnell zu infizieren um dann Dank meiner Immunität wieder alles tun zu können ohne mich und andere zu gefährden, denke ich mittlerweile völlig anders. Zwar weiß man auch bisher noch nicht allzu viel, doch es zeichnen sich mittlerweile auch bei Genesenen jüngeren Alters Langzeitauswirkungen (teils neurologisch) ab, die ich nicht haben möchte. Und entsprechend wird meine persönliche Risikobewertung ausfallen.
Ehrlicherweise erwarte ich nicht, dass eine Mehrheit so denkt wie ich. Aber ich erwarte, dass sich eine Mehrheit mit diesen Gedanken auseinander setzt und nicht einfach blind dem Herdentrieb gefolgt wird.
Betreibt einstweilen unseren schönen Sport online! Bleibt gesund!
Ralph Schlosser
Liebe Schachfreunde, Hallo Roland,
was ich fast schon nicht mehr glaubte, es regt sich noch etwas im LSV. Es ist natürlich nicht schön wenn der Aufruf zur Meinung auf der Landesseite zeitgleich mit der Auswertung erscheint. Warum wird wieder am Schachvolk vorbei entschieden?
Auch zum Spielleiterausschuß mit seinen Themen, wie dem Terminplan wird wieder alles geheim gehalten, warum? Müssen wir jetzt nicht erst recht alle einbeziehen, es sollen ja möglichst viele hinter den Entscheidungen stehen die getroffen werden. Der DSB bietet allen Schachspielern eine Seite an, wo 3 Varianten zur Perspektive angeboten werden und Raum für eine eigene 4. Variante bleibt. So könnte man auch im Land und in den Schachbezirken verfahren, man muß es nur wollen und entsprechend vorbereiten. Ein wesentlicher Punkt sollte auch sein, wie weiter mit den Bußgeldern, man kann niemanden an die Bretter zwingen und man muß nichts eskalieren lassen!
Bernd David